Präzise bis ins kleinste Detail sollen sie sein, die ingenieur- und naturwissenschaftlichen Texte. Auch in Bezug auf Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung. Um sich in dieser Frage abzusichern, ist es naheliegend, den Text Korrektur lesen zu lassen.

Aber von wem?

Es stehen gleich mehrere Kandidaten zur Wahl: Kollegen, Freunde, Familie, KI-gestützte Software oder professionelle menschliche Lektoren/Korrektoren. Alle haben so ihre Vorteile und Nachteile.

Meine Freunde würden mich vermutlich fragen, ob ich nicht lieber zum Segeln mitkommen möchte. Also greife ich mir mal die Frage heraus: KI oder menschlicher Korrektor?

Das wirft die KI beim Korrekturlesen in die Waagschale

KI-Tools prüfen Texte mit einer Geschwindigkeit, an die kein normalsterblicher Korrektor herankommt. Sie kennen keine Müdigkeit, keine Vorurteile, arbeiten zu jeder Tages- und Nachtzeit und erweisen sich als wahrer Segen, wenn der Abgabetermin drängt. Sie zeichnen sich durch Konsistenz aus, da sie Stilguides ohne Mühe einhalten können.

In puncto Kosteneffizienz haben KI-Tools die Nase vorn, denn sie sind in der Regel kostengünstiger als die Beauftragung eines menschlichen Lektors, was sie für Studenten und Doktoranden mit begrenzten Budgets besonders attraktiv macht. Einige Tools sind sogar kostenlos.

Und hier strauchelt die KI

Aber verlassen wir uns nicht zu sehr auf KI-Korrekturleser. Die Maschinen (z. B. Grammarly, Quillbot, Textshine) können nicht beurteilen, ob ein Argument schlüssig ist. Denn sie arbeiten auf Grundlage von Wahrscheinlichkeiten. Sie gehen schlicht danach, welche Wörter und Satzstrukturen in einem bestimmten Kontext üblich oder unüblich sind.

Jedoch kommt es nicht nur auf eine übliche, sondern auf eine logische Anwendung der Grammatik an, damit ein Text so interpretiert wird, wie vom Verfasser beabsichtigt.

Beispielsweise wird folgender Satz von KI-Schreibassistenten als korrekt durchgewunken:

„Das in der Astronomie wohl am häufigsten verwendete Koordinatensystem ist das Äquatorsystem, dessen Grundebene durch die bis in die scheinbare Himmelskugel ausgedehnten Äquatorebenen der Erde gebildet wird.“

Was die Grammatik-Checker nicht bemerken, ist der falsche Plural („ausgedehnte Äquatorebenen“). In Wirklichkeit gibt es nur eine einzelne Äquatorebene, die konzeptuell auf die Himmelskugel projiziert wird. (Also: „[…] dessen Grundebene durch die bis in die scheinbare Himmelskugel ausgedehnte Äquatorebene der Erde gebildet wird.“)

Leistungsfähiger als reine KI-Korrekturleser sind Large Language Models wie ChatGPT und Co. Auf den inhaltlichen Fehler in obigem Beispiel würden sie sehr wahrscheinlich aufmerksam machen – je nach Prompt, verwendetem Modell und mitgelieferten Beispielen.

Gravierend hingegen sind die Datenschutzbedenken beim Einsatz von KI-Tools zur Textbearbeitung oder Datenanalyse. Ein heikles Thema! Wo landen unsere Daten? Die Antworten bleiben im Dunkeln der Blackbox KI.

Der Forscher, der ein Patent einreichen will, die Doktorandin, die in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlichen möchte, oder der Student, der seine Masterarbeit in einem Unternehmen geschrieben und dafür auf interne Informationen des Unternehmens zurückgegriffen hat, ist bei der KI schlecht aufgehoben.

Wer sensible Informationen in KI-Schreibassistenten oder in ChatGPT und Co. eingeben will, sollte sich der Risiken bewusst sein: ChatGPT ist ein Sprachmodell, das auch durch Benutzereingaben trainiert wird. Nutzer können nicht eigenständig verifizieren, ob ihre Daten für das Training der KI-Modelle verwendet werden oder nicht. Es werden möglicherweise solche Daten veröffentlicht, die vertraulich bleiben sollten. Und in der Vergangenheit haben Erfahrungen mit großen Tech-Unternehmen wie Facebook und Google gezeigt, dass sensible Informationen missbraucht werden (können).

Was ist mit Tools von europäischen Anbietern, die angemessenen Datenschutz versprechen?

Das habe ich ausprobiert – an einem Tool, das von der Wirtschaftszeitschrift Handelsblatt hochgelobt wurde.

Die Anbieter versprechen, ihr Tool sei annähernd auf dem Niveau eines professionellen Korrektorats. Zugleich würde es nichts umformulieren. Ich ließ das Tool also auf einen Auszug aus einem ingenieurwissenschaftlichen Text los. Und siehe da: Neben unnötigen Änderungen, die ich alle händisch wieder rückgängig machen musste, kam es unter anderem zu diesem unsinnigen Eingriff:

Aus

„Diesen Ansatz […] greifen nun die QNG-Anforderungen für Wohngebäude […] auf.“

machte das Tool

„Dieser Ansatz […] greift die QNG-Anforderungen für Wohngebäude […] auf.“

Das Tool hat also

– einen korrekten Satz unnötigerweise bearbeitet,

– dabei den Satz umformuliert und

– die Satzaussage ad absurdum geführt.

Da dem Tool nicht zu trauen ist, muss ich den Text also in jedem Fall nochmal selbst Korrektur lesen.

Da bin ich am Ende schneller, wenn ich den Text alleine korrigiere.

Fazit: Ich bezweifle nicht, dass solche Tools für weniger anspruchsvolle Texte nützlich sind. Für mich kommen sie als Korrekturwerkzeug jedoch nicht infrage.

Ich verwende lediglich den Duden-Korrektor. Das ist keine KI, sondern eine simple, „un“intelligente Programmerweiterung. Die läuft bei mir offline auf meinem Laptop und ist daher aus Datenschutzsicht unproblematisch.

Wie gehe ich beim reinen Korrekturlesen vor?

Zuerst schicke ich die Texte im Grobdurchlauf durch den Duden-Korrektor. Im Anschluss lese ich den Text langsam und gründlich, Satz für Satz, und korrigiere Grammatik, Rechtschreibfehler, Tippfehler, Zeichensetzung. Und dann mache ich abschließend noch einen weiteren Durchlauf mit Software-Unterstützung, um sicherzugehen, dass ich während der Überarbeitung nicht aus Versehen Tippfehler eingebaut habe.

Vorteile des menschlichen Korrekturlesens

Ein menschlicher Korrekturleser versteht nicht nur den Text, sondern auch den Kontext. Er bringt oft jahrelange Erfahrung und spezialisiertes Wissen mit, was es ihm ermöglicht, Fachspezifika zu erkennen, die den KI-Tools häufig entgehen. Menschen sind in der Lage, einen Text kritisch zu hinterfragen und etwaige Fehler zu erkennen – und sie können Empfehlungen zur Verbesserung des Textflusses und der Verständlichkeit geben, die über grammatische Korrekturen hinausgehen. Menschliche Korrektoren sind in der Lage, durch Rückfragen Missverständnisse zu klären. Dies führt zu einem präziseren und hochwertigeren Endprodukt. Und sie können die Vertraulichkeit sensibler Informationen garantieren, bei Bedarf auch per Geheimhaltungsvereinbarung.

Nachteile des menschlichen Korrekturlesens

Natürlich ist auch der menschliche Korrekturleser nicht fehlerfrei. Er ist teurer, langsamer und manchmal, ja, auch etwas launisch. Die Korrektur durch einen Menschen nimmt mehr Zeit in Anspruch, was bei engen Deadlines ein Nachteil sein kann.

Und dann ist da noch die Sache mit der Verfügbarkeit. Der Korrektor hat nun mal keine 24 Stunden am Tag Zeit, im Gegensatz zur allgegenwärtigen Maschine. Gerade wenn die Zeit drängt – und sie drängt ja immer –, kann es vorkommen, dass dein Korrektor im Urlaub am Strand liegt und keine Lust hat, sich zwischen Sandkörnern und Seebrise durch Fußnoten einer mathematischen Abhandlung zu kämpfen.

Eine weitere Eigenheit menschlicher Korrekturleser ist die Ermüdung. Nach stundenlangem Lesen und Korrigieren kann auch der schärfste Blick stumpf werden und dann hilft nur noch: Dokument speichern, Rechner ausschalten und raus an die frische Luft. Auch Korrektoren brauchen regelmäßig Auslauf. 

Was kommt unterm Strich heraus?

Die Wahl zwischen KI und einem menschlichen Korrekturlesen hängt von mehreren Faktoren ab: der Art des Textes, dem Budget, der verfügbaren Zeit und dem gewünschten Qualitätsniveau. Jedoch bleibt die KI eine Blackbox, deren interne Verarbeitungsmechanismen und Entscheidungsfindungen nicht transparent sind. Die Sicherheit der Daten ist (vor allem bei kostenlosen) Korrektur-KIs nicht garantiert.

Wer Datenschutzbedenken bei der Nutzung von KI-Tools hat, aber dennoch von der Geschwindigkeit und den Preisvorteilen maschineller Tools profitieren will, für den könnte Korrektursoftware eine Option sein. Der Duden-Korrektor findet zwar bei Weitem nicht alle Fehler, bietet aber dennoch eine gute Unterstützung.

Denjenigen, die eine individuelle Bearbeitung ihres Textes wünschen, empfehle ich die menschlichen Korrekturleser: Sie bieten Erfahrung, Verständnis und einen kritischen Blick, der weit über Rechtschreibung und Grammatik hinausgeht.

Bildnachweis: demaerre / Getty Images

Fragen?

Wenn ihr noch mehr wissen wollt, oder wenn ihr möchtet, dass jemand vom Fach eure Abschlussarbeit gegenliest (damit bin ich gemeint smile), dann meldet euch gerne bei mir.

 

Als Ingenieurin und Wissenschaftslektorin mit Schwerpunkt Ingenieur-, Natur- und Wirtschaftswissenschaften unterstütze ich dich gerne bei deiner Bachelorthesis, Masterthesis oder Dissertation.

Ich freue mich auf deine Anfrage:

Tel. ‭+49 30 22044864‬, birgit@ingenieur-wissenschaftslektorat.de